Räumliche Beleuchtung, Lichtrichtung, Modelling

Gute Erkennbarkeit beleuchteter Körper und Oberflächenstrukturen hängt wesentlich von einer ausreichenden Schattenwirkung der Beleuchtung ab.

Modelling bezeichnet die Ausgewogenheit zwischen diffuser und gerichteter Beleuchtung und ist ein wichtiges Merkmal der Beleuchtungsqualität für praktisch alle Innenräume. Das allgemeine Erscheinungsbild eines Innenraumes verbessert sich, wenn die baulichen Merkmale, die Menschen sowie die Gegenstände darin so beleuchtet werden, dass Form und Oberflächenstrukturen deutlich und auf angenehme Weise erkennbar sind. Dies wird erreicht, wenn das Licht merkbar eine Vorzugsrichtung besitzt; es entstehen so die für ein gutes Modelling wichtigen eindeutigen Schatten. Zu diffuse Beleuchtung ergibt eine subjektiv als unangenehm empfundene Schattenarmut, ein langweiliges Arbeitsumfeld und ein unattraktives Lichtklima.

(a) Zur Erläuterung der halbzylindrischen Beleuchtungsstärke als lichttechnisches Gütemerkmal zur Erkennbarkeit von dreidimensionalen Sehaufgaben, wie Gesichter.

(b) Der Mittelwert der vertikalen Beleuchtungsstärken auf einer Zylinderoberfläche ergibt die zylindrische Beleuchtungsstärke. Das Verhältnis der zylindrischen und der horizontalen Beleuchtungsstärke definiert die Schattigkeit Ez/Eh an diesem Punkt.

Abbildung 1.25: Halbzylindrische und zylindrische Beleuchtungsstärke.

Die Beleuchtung sollte aber auch nicht zu stark gerichtet sein, weil sich sonst zu harte Schatten mit harten Schattenrändern bilden. Die Beleuchtung aus einer bestimmten Richtung kann in Sonderfällen, z. B. im Werkzeugbau, beim Anreißen oder bei Kontrollen von Oberflächen, Feinheiten einer Sehaufgabe herausheben, ihre Sichtbarkeit verbessern und die Durchführung der Aufgabe erleichtern. Dabei auftretende Schleierreflexionen und Reflexblendung sollten besonders beachtet und vermieden werden (siehe Kapitel, „Reflexblendung auf horizontalen Sehaufgaben”).

Die Qualität der Beleuchtung hängt in starkem Maße von der Erkennbarkeit räumlicher Objekte sowie von der Helligkeit vertikaler Flächen ab. Eine angenehme visuelle Kommunikation ist abhängig von der Erkennbarkeit der Gesichtszüge der anwesenden Personen. Eine zu deren Beschreibung geeignete photometrische Größe ist die zylindrische Beleuchtungsstärke Ez, genauer jedoch die halbzylindrische Beleuchtungsstärke Esz (siehe Abb.).

Für eine gute Erkennbarkeit von Gesichtern werden Gesichts-Leuchtdichten im Bereich von etwa 15 cd/m2 bis 20 cd/m2 als ausreichend angesehen. Diesen Leuchtdichten entspricht ein Bereich der zylindrischen Beleuchtungsstärke von 150 lx bis 200 lx. EN 12464-1 fordert für alle Innenräume bei sitzender Tätigkeit in 1,2 m und bei stehender Tätigkeit in 1,6 m über dem Boden eine mittlere zylindrische Beleuchtungsstärke von 50 lx mit einer Gleichmäßigkeit U0 von mindestens 0,10. In Bereichen, wo gute visuelle Kommunikation besonders wichtig ist, wie z. B. in Büros, Besprechungs- und Unterrichtsräumen soll der Wartungswert der zylindrischen Beleuchtungsstärke in 1,2 m bzw. 1,6 m Höhe über dem Boden mindestens 150 lx mit U0 von mindestens 0,10 betragen.

Die zylindrische Beleuchtungsstärke Ez ist der an einem Punkt vorhandene arithmetische Mittelwert der vertikalen Beleuchtungsstärken Ev. Die zylindrische Beleuchtungsstärke ist nach EN 12665 der gesamte Lichtstrom, der auf eine gekrümmte Fläche eines sehr kleinen Zylinders fällt, geteilt durch die gekrümmte Oberfläche dieses Zylinders. Die Achse des Zylinders ist vertikal, wenn nicht anders angegeben.

Fußgänger, z. B. in Parkbauten und Passagen, möchten ihnen begegnende Personen frühzeitig erkennen, um das eigene Verhalten rechtzeitig auf diese einstellen zu können. Für die Erkennbarkeit von Gesichtern wird auch die halbzylindrische Beleuchtungsstärke Esz herangezogen. Sie ist definiert als der an einem Punkt vorhandene arithmetische Mittelwert der vertikalen Beleuchtungsstärke Ev(γ) innerhalb eines Winkelbereichs des Azimutwinkels von  —π/2 ≤ γ ≤ π/2 (siehe Abb.).

Die Schattigkeit kann durch das Verhältnis von zylindrischer Beleuchtungsstärke Ez zu horizontaler Beleuchtungsstärke Eh bewertet werden. Eine gute Schattenwirkung wird erreicht, wenn in einer Höhe von 1,20 m über dem Boden das Verhältnis von Ez/Eh im Bereich von 0,3 und 0,6 liegt. Zu tiefe Schatten lassen sich durch geeignete Anordnung mehrerer Leuchten mit nicht zu eng strahlender Lichtstärkeverteilung sowie durch Verwendung von hellen Wänden und Möblierungen vermeiden.

Die zylindrische Beleuchtungsstärke Ez und die halbzylindrische Beleuchtungsstärke Esz sowie die Schattigkeit Ez/Eh können mit entsprechender Software berechnet und grafisch dokumentiert werden. Zur Bestimmung von Ez/Eh müssen die Rasterpunkte für die horizontale und die zylindrische Beleuchtungsstärke übereinstimmen.

Abbildung 1.26: Beispiel für die Dokumentation der zylindrischen Beleuchtungsstärke Ez (oben) und der Schattigkeit Ez/Eh (unten) in einem Büro, Bewertungsebene 1,2 m über dem Boden.