Human Centric Lighting und Lichtplanung

Von der Natur vorgegeben und daher gesundheitlich unbedenklich ist ein Nachahmen des natürlichen Tageslichtverlaufs über den Tag mittels künstlicher Beleuchtung. Räume für die Bildschirmarbeit gegenüber dem Tageslicht zu verdunkeln, sollte vermieden werden. Gut entblendete Bildschirme sowie eine günstige Position und Ausrichtung der Bildschirmarbeitsplätze machen dies in aller Regel möglich (siehe Kapitel, " Beleuchtung von Büros und Räumen mit Bildschirmarbeitsplätzen”).

Abbildung 1.40:

Beispiel eines melanopisch wirksamen Tagesverlaufs der Beleuchtung (mit dem Lichtmanagementsystem TRILUX LiveLink WiFi)

In vielen Fällen ist der Tageslichteintrag in den Gebäuden in denen wir uns aufhalten jedoch gering oder nicht vorhanden. Eine abgestimmte künstliche Beleuchtung, die wechselnde Farbtemperatur und Intensität des Tageslichts berücksichtigt, kann hier helfen, die innere Uhr richtig zu synchronisieren. Auch die Richtung, aus der das Licht auf unser Auge trifft und die Flächigkeit der Lichtquelle sind hier maßgebliche Faktoren (siehe Abbildung). Wichtig für den Einsatz melanopisch wirksamer Beleuchtung ist immer, dass das richtige Licht zur richtigen Zeit eingesetzt wird. So kann zwar die Wachsamkeit durch Licht mit erhöhtem Blauanteil gesteigert werden, eine dauerhafte Beleuchtung mit solchem Licht führt aber letztendlich nicht zum gewünschten Effekt. Vielmehr soll die künstliche Beleuchtung zum richtigen Zeitpunkt unterstützend eingreifen, jedoch immer genügend Entspannungsphasen zulassen.

Nur durch sorgfältige, durchdachte Planung kann die positive Wirkung des Lichts auf den Menschen optimal und ohne Beeinträchtigung des Nutzers zur Wirkung gebracht werden. Dabei kann eine künstliche Lichtquelle die Eigenschaften des Tageslichts nie vollständig kopieren sondern dient dazu, wichtige Impulse zu geben. Insbesondere die LED-Technologie mit ihren vielfältigen Steuerungsmöglichkeiten und fein abstimmbaren Farbtemperaturen und Spektren bietet hier gute Unterstützung in der Anwendung.

Anforderungen an die Lichtsteuerung

Essentiell ist auch die Einplanung geeigneter Lichtsteuerungssysteme, die circadiane Lichtabläufe realisieren können. Als in vielen Fällen ausreichende Mindestanforderung muss ein geeignetes Steuergerät hierfür die zeitliche Variation des Lichtes der Farbtemperatur und ggf. der Helligkeit in Anlehnung an das Tageslicht ermöglichen.

Abhängig von der Anwendung können jedoch auch weitere Funktionen des Steuergeräts und der Bedienoberfläche gefordert sein (siehe auch Kapitel „Lichtmanagement”). Häufig gefordert sind:

  • Die Möglichkeit zur individuellen Anpassung des circadianen Verlaufs durch den Nutzer

  • Die Möglichkeit, mehrere circadiane Verläufe zur Auswahl zu hinterlegen

  • Die stufenlose, manuelle Einstellung der Helligkeit

  • Die stufenlose, manuelle Einstellung der Lichtfarbe

  • Der Aufruf voreingestellter Lichtszenen

  • Die Möglichkeit zur individuellen Anpassung der Lichtszenen.

Nur so können die Planungsvorgaben für melanopische Beleuchtung wirkungsvoll umgesetzt werden.

Ein Beispiel für einen circadianen Verlauf zeigt die Abbildung. Der gezeigte Verlauf orientiert sich am natürlichen Tageslicht und ist insbesondere geeignet, in räumlichen Bereichen ohne Tageslicht die Innere Uhr sich dort dauerhaft aufhaltender Personen zu synchronisieren und ihren circadianen Rhythmus zu unterstützen.

In Räumen mit guter oder bereichsweise guter Tageslichtversorgung empfiehlt es sich dazu häufig, die melanopische Wirksamkeit mit einem Energie sparenden Betrieb der Beleuchtung zu kombinieren. Das Lichtmanagement sollte dann neben der Variation der Farbtemperatur auch eine tageslichtabhängige Regelung ermöglichen. Ein Bezug der Farbtemperatur des Kunstlichtes auf die gemessene Farbtemperatur des einfallenden Tageslichtes ist hier eine weitere sinnvolle Option.

Anforderungen an Leuchten

Ebenso ergeben sich für die einzusetzenden Leuchten spezifische Anforderungen. Damit Licht melanopisch wirksam sein kann, muss die spektrale Verteilung dem Tageslicht ähnlich sein. Um den Tagesverlauf nachbilden zu können, muss die Lichtfarbe der Leuchte stufenlos einstellbar - durchstimmbar - sein und den gesamten benötigten Farbtemperaturbereich abdecken. Moderne Zweckleuchten aller Bauformen stehen heute dank der verwendeten LED-Technologie mit nur geringem Mehraufwand mit fein abstimmbaren Farbtemperaturen und Spektren zur Verfügung.

Da sich der melanopisch sensitive Bereich überwiegend im unteren Halbraum des Auges befindet (siehe Abbildung) ist neben dem Spektrum und der Intensität auch der Einfall des Lichtes von großer Bedeutung. Eine großflächige, diffuse Abstrahlung im oberen Halbraum begünstigt die melanopische Wirksamkeit. Flächenleuchten, aber auch Hängeleuchten mit hohem Indirektanteil, sind also besonders geeignet (siehe Abbildung). Eine solche Beleuchtungsanlage kann zusätzlich um direktstrahlende Komponenten (ggf. mit fester Farbtemperatur) ergänzt werden. Es muss dabei natürlich sichergestellt werden, dass auch die Unterstützung der Sehaufgabe am jeweiligen Arbeitsplatz sowie alle weiteren visuellen Gütemerkmale jederzeit eingehalten werden.

Anforderungen an den Raum

Um Flächenstrahler und Indirektsysteme in ihrer Wirkung zu unterstützen sollte auch die Raumarchitektur geeignet sein. Anders als für die Erfüllung der meisten Sehaufgaben sind für die melanopische Lichtwirkung die vertikale Beleuchtungsstärke Ev und die Beleuchtungsstärke am Auge des Nutzers ausschlaggebend. Farbgebung und Reflexionsgrade im Raum sollten diese Verteilung unterstützen (siehe Beispiel in der Abbildung).

Beispiel einer Beleuchtungsanlage mit Flächenleuchten für Einbaumontage in einem Büroraum

Die Lichtfarbe ist stufenlos einstellbar von 3.000 K bis 6.000 K, wobei der melanopische Wirkungsfaktor um einen Faktor 2 (für den 32-jährigen Nutzer: 0,42 bis 0,84) variiert. Die Abbildungen zeigen das radiometrische Spektrum der Leuchte bei der angegebenen Farbtemperatur, sowie das mit der melanopischen Wirkfunktion gewichtete melanopische Wirkspektrum. Zum Vergleich sind das radiometrische Spektrum und das melanopische Wirkspektrum einer Glühlampe (2.700 K) dargestellt.

(a) Büroraum mit melanopisch wirksamer Beleuchtung, bei 3.000K

(b) ... bei 6.000 K

(c) Glühlampe, 2.700 K, amel = 0,40

(d) LED, 3.000 K, amel = 0,42

(e) LED, 4.000 K, amel = 0,56

(f) LED, 6.000 K, amel = 0,84

Abbildung 1.41: Radiometrisches Spektrum und melanopisches Wirkspektrum einer LED-Leuchte bei unterschiedlichen Farbtemperaturen. Der melanopische Wirkungsfaktor amel bezieht sich auf einen 32-jährigen Nutzer.